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Ein See.

Umweltamt plant radikale Lösung
Der Goldkanal-Baggersee bei Elchesheim-Illingen leidet unter Keimen und PFC-Belastung

Der Goldkanal bei Elchesheim-Illingen ist der größte Baggersee in Baden-Württemberg. Aber zu viele Nährstoffe und Keime sorgen für Probleme. Außerdem landen jedes Jahr fast drei Kilogramm PFC im See. Das Umweltamt plant einen radikalen Schritt.
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Der Goldkanal lockt jeden Sommer Menschenmassen an. Was die meisten Besucher des größten Baggersees des Landes nicht ahnen: Die Qualität des Wassers wird immer schlechter. Schuld ist ein Kanal, der unerwünschte Fracht in den See schwemmt, darunter auch PFC. Das Umweltamt des Landkreises denkt deshalb über eine radikale Maßnahme nach.

An der Oberfläche wirkt der Goldkanal wie ein Naturidyll. Doch unter Wasser stimmt etwas nicht. Davon kann Werner Dautner einige Geschichten erzählen. Seit 45 Jahren ist er Mitglied des Angelsportvereins Rastatt, seit sieben Jahren leitet er ihn. „Im Juli und August kann man im Goldkanal keinen Zander und keine Aale mehr fangen“, sagt er.

Im tiefen Wasser gibt es fast keinen Sauerstoff mehr

Die Fischarten leben am Grund des Sees. Im Sommer herrscht dort akuter Sauerstoffmangel. Teilweise beginnt die Zone schon in sieben Meter Tiefe. „Darunter ist totes Wasser“, sagt Dautner. Grund ist ein zu hoher Nährstoffgehalt. Das klingt für den Laien zwar positiv, hat aber negative Konsequenzen. Viele Nährstoffe fördern das Wachstum von Algen, die den Sauerstoff aufzehren.

Und es gibt noch mehr Probleme, die alle eine Ursache haben: den Riedkanal. Dieser fließt aus Richtung Hügelsheim vorbei an Iffezheim, Rastatt und Steinmauern, bevor er schließlich in den Goldkanal mündet. Es handelt sich nicht um einen natürlichen Fluss. Der Kanal entstand im 19. Jahrhundert durch Menschenhand, um die damals sumpfige Landschaft zu entwässern und für die Landwirtschaft nutzbar zu machen.

Ich bekomme hier den Restmüll ab.
Rolf Spiegelhalder, Bürgermeister

Das Problem: Auf seinem Weg nimmt er Nährstoffe, Keime und PFC auf. Das alles landet am Ende im Baggersee. Er ist die große Resterampe. Die Belastung steigt täglich. Dautner spricht von einer „Giftfracht“. Auch Rolf Spiegelhalder, der Bürgermeister der Nachbargemeinde Elchesheim-Illingen, sagt: „Ich bekomme hier den Restmüll ab.“

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So drastisch würde es Wolfgang Hennegriff nicht ausdrücken. Der Leiter des Umweltamts im Landratsamt lässt lieber Fakten als Emotionen sprechen. Aber auch er sagt: „Der See nimmt all diese Fracht auf. Sein Zustand verschlechtert sich.“

Jedes Jahr landen drei Kilogramm PFC im Goldkanal

Beispiel PFC: Der Riedkanal zweigt südlich von Iffezheim aus dem Sandbach ab, dessen Wasser schon die problematischen Chemikalien beinhaltet. In seinem weiteren Verlauf durchläuft der Kanal Grundwasserzonen, in denen ebenfalls PFC vorkommt. Am Ende schleppt er nach Erkenntnissen des Umweltamts jeden Tag acht Gramm der Stoffe in den See. Das sind knapp drei Kilogramm im Jahr.

Das mag nicht nach viel klingen. Aber bei PFC gelten schon Mengen im Mikrogramm-Bereich als problematisch. Zum Vergleich: Im Wasserwerk Rauental holen die Stadtwerke Rastatt mit Hilfe einer Filteranlage PFC aufwendig aus dem Wasser. Die Ausbeute: eineinhalb Kilo in drei Jahren, also gerade einmal die Hälfte in dreifacher Zeit.

Ein Schöpfwerk.
Zukunftsvision: Statt in den Goldkanal könnte der Riedkanal künftig in die Murg münden. In der entsprechenden Höhe steht heute ein Schöpfwerk. Foto: Holger Siebnich

Akute Sorgen müssen sich Badegäste laut Hennegriff aber trotzdem nicht machen. Über die Haut nimmt der Körper kein PFC auf. In dem riesigen See verdünnen sich die Stoffe außerdem so stark, dass es auch unbedenklich sei, wenn sich jemand verschluckt.

Aber es gibt jemanden, der sich Sorgen machen muss: Werner Dautner und alle anderen Angler. Steigt der PFC-Wert über eine gewisse Grenze, dürfen Fische aus dem See nicht mehr gegessen werden. Bürgermeister Spiegelhalder sagt : „Ich hab’ hier Berufsfischer am See. Das gefährdet Existenzen.“

Kanal könnte direkt in die Murg geleitet werden

Geht die aktuelle Entwicklung weiter, wird es allerdings noch viele Jahre dauern, bis die kritische Marke erreicht ist Spiegelhalder fordert trotzdem schon jetzt Konsequenzen: „Ich will agieren und nicht reagieren.“

Hennegriff hat tatsächlich einen Plan in der Tasche, der alle Probleme auf einen Schlag lösen würde. Es wäre ein radikaler Schnitt. Sein Vorschlag lautet, den Riedkanal vom Goldkanal abzutrennen und ihn stattdessen in die benachbarte Murg einzuleiten, die kurz darauf in den großen Strom des Rheins mündet. Alle die Nährstoffe, Keime und das PFC würden schließlich in die Nordsee und damit die weite Welt gespült.

Ich sehe das als aufwendig und unrealistisch an.
Tibur Sindek, Fachbereichsleiter Stadt Rastatt

Doch was einfach klingt, wäre ein riesiges und komplexes Vorhaben. „Das wäre einmalig“, sagt Hennegriff. Das gilt nicht nur für die bauliche Umsetzung. Auch die Zuständigkeiten sind verzwickt. Mit im Boot sitzen mehrere Kommunen, das Land und auch noch das Elsass. „Es ist keine einfache Lage“, sagt Hennegriff.

Dann gibt es da noch den Zweckverband Riedkanal, bei dem die Stadt Rastatt die Federführung hat. Tibor Sindek als zuständiger Fachbereichsleiter im Rathaus der Barockstadt ist dankbar für alle Vorschläge, die zu einer Verbesserung führen. Den konkreten Plan beurteilt er trotzdem skeptisch: „Ich sehe das als aufwendig und unrealistisch an.“ Als Grund führt er die topografischen Verhältnisse an. Die Murg liegt höher als der Riedkanal, so dass das Wasser ständig gepumpt werden müsste. „Ineffizient und kostspielig“, nennt das Sindek. Grundsätzlich sei die Idee aber richtig, den Baggersee zu entlasten.

Aus seiner Sicht wäre es aber einfacher zu versuchen, die Nährstoff- und Keimbelastung im Riedkanal zu senken. Mit PFC wird das allerdings nicht möglich sein. Die Chemikalien kann nur ein Aktivkohlefilter aus dem Wasser holen. Das Wasser des ganzen Kanals durch eine solche Anlage zu pressen, ist unrealistisch. „Beim PFC ist es fast schon zu spät“, sagt Sindek.

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