Die Hitze hat Alessandro Guhl und Toffie zusammengeführt, zumindest in gewisser Weise. Kaum waren der Notfallsanitäter und ein Kollege auf dem Parkplatz eines Supermarkts in Tiefenbronn angekommen, wartete auf sie ein Einsatz der besonderen Art: Hund Toffie ließ sich ohne fachmännische Hilfe nicht mehr aus einem Auto befreien. Und das bei bis zu 28 Grad im Schatten an jenem Dienstag im August. Nur gab es auf dem Parkplatz keinen Schatten.
Wie groß die Gefahr für den Hund wirklich war? „Selbst wenige Minuten können lebensbedrohlich sein“, schreibt Guhls Arbeitgeber, das Deutsche Rote Kreuz (DRK) Pforzheim-Enzkreis, in einer Meldung in diesem Zusammenhang.
Oberderdinger Sanitäter war aus purem Zufall auf dem Parkplatz
Erst im April hat der Oberderdinger Guhl seine dreijährige Ausbildung in Pforzheim abgeschlossen. Das DRK habe den Sanitätern Wasser spendiert, für die entsprechend leeren Fläschchen sollten sie das Pfand einsammeln. Nur deshalb waren sie mit ihrem Rettungswagen (RTW) auf dem Supermarkt-Parkplatz, als sie eine recht ungewöhnliche Anfrage erhielten.
„Eine Frau kam zum RTW und fragte, ob wir eine Möglichkeit haben, das Auto aufzumachen“, erinnert sich Guhl. Die Frau hatte ihr Auto abgesperrt, da drin aber zwei wichtige Dinge zurückgelassen: zum einen Hund Toffie und zum anderen den Autoschlüssel, um wieder hineinkommen zu können.
Passanten hatten erfolglos versucht, zu helfen
„Als wir dazu kamen, hatten Passanten schon versucht, ihr zu helfen“, berichtet Guhl. Den Reserveschlüssel einfach von zu Hause zu holen? Sei auch keine Option gewesen. Denn auch Toffie und Frauchen seien nicht aus Tiefenbronn gewesen. Es habe dann „eine gewisse Aufregung“ geherrscht, die sich aber durch die Anwesenheit der beiden Sanitäter schnell legte.
Es ist wichtig, dass die Frau niemals vorhatte, den Hund länger im Auto zu lassen.Alessandro Guhl
Notfallsanitäter
Immer wieder berichten Medien von Hundehaltern, die ihre Hunde einfach bei Hitze im Auto über längere Zeit zurücklassen. Das weiß auch Guhl, weshalb er eines besonders betonen möchte: „Es ist wichtig, dass die Frau niemals vorhatte, den Hund länger im Auto zu lassen. Es war ein Missgeschick.“ Der Impuls, letztendlich mit Gewalt den Hund zu befreien, sei auch von ihr ausgegangen. Ohne Rücksicht auf finanzielle Verluste.
Zunächst hatten die beiden Sanitäter noch versucht, das Auto schonender zu öffnen, etwa mithilfe von Gewebe-Klebeband. „Das funktioniert aber bei neueren Autos nicht mehr“, sagt Guhl, „und ihr Auto war schon zu neu“.
Als Toffie ruhiger wird, hilft nur noch rohe Gewalt
Toffie wurde währenddessen immer ruhiger und ruhiger. Kein gutes Zeichen, wie Guhl sofort analysierte. Schließlich blieb nur noch, eine Fensterscheibe einzuschlagen, trotz der möglichen Gefahr durch Splitter für den Hund.
„Wir haben den Hund an die am weitesten entfernte Ecke im Auto gelotst“, berichtet Guhl. Toffie habe das alles brav mit sich machen lassen. Schließlich griffen Guhl und sein Kollege zu spezieller Ausrüstung im Rettungswagen.
Notfallsanitäter haben Spezialausrüstung
„Wir haben viel mit Verkehrsunfällen zu tun, bei denen wir Menschen aus Autos herausholen müssen“, erklärt Guhl. Das Einschlagen von Scheiben sei zwar normalerweise Aufgabe der Feuerwehr. In der Hitze des Einsatzes allerdings kann das auch schonmal anders aussehen.
„Dann schauen wir schon, dass wir die Menschen selbst da rausbekommen.“ Dass seine eigene Glasscheiben-Premiere allerdings der Rettung eines Hundes dient? „Das ist dann doch etwas ungewöhnlich“, sagt Guhl und lacht dabei.
Toffie jedenfalls hat die Aufregung gut weggesteckt. „Als er rauskam, hat er eine sehr große Dankbarkeit ausgestrahlt. Mehr als so mancher Patient“, sagt Guhl. Auch der entstandene Schaden am Auto sei in diesem Moment kein Thema gewesen. „Die Frau war sehr erleichtert und dankbar.“
Wie so eine Dankbarkeit aussehen kann? Der 22-Jährige betont, die beiden Männer seien schließlich Profis. Mehr als Worte des Dankes nehme man nicht an. Naja, zumindest fast. „Ich durfte den Hund streicheln“, sagt Guhl glücklich.