Darin forderten die Bürgermeister das Land auf, Verantwortung in dem Umweltskandal zu übernehmen. Die Reaktion wird sie wenig zufriedenstellen.
„Es geht um das Menschenrecht auf gesundheitlich unbedenkliches Trinkwasser und die Verantwortung der Politik, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen“, hieß es in der Resolution der Oberbürgermeister aus Baden-Baden, Rastatt, Bühl und Gaggenau sowie der Bürgermeister aus Hügelsheim, Kuppenheim, Iffezheim, Gernsbach, Muggensturm, Ötigheim, Sinzheim, Bischweier, Steinmauern, Elchesheim-Illingen, Bietigheim, Ottersweier und Durmersheim.
Thema spielt in Bewirtschaftlungsplan keine Rolle
Anlass für ihr Schreiben war der neue Gewässer-Bewirtschaftungsplan für den Oberrhein. Die Zuständigkeit dafür liegt beim Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe als verlängerter Arm der Stuttgarter Regierung.
Ziel ist, die Qualität sowohl von Oberflächengewässern als auch des Grundwassers zu bewahren oder zu verbessern.
Als das RP Ende vergangenen Jahres einen ersten Entwurf veröffentlichte, war die Enttäuschung in Mittelbaden groß. Obwohl in der Region 160 Milliarden Liter Grundwasser als verunreinigt gelten, spielt das Thema PFC in dem rund 200 Seiten dicken Plan fast keine Rolle.
Wolfgang Hennegriff, der Leiter des Umweltamts des Landkreises, urteilte: „Das ist schwer zu verstehen und auch schwer zu vermitteln.“
Derzeit werden PFC leider noch in vielen Produkten verwendet.Thekla Walker, Umweltministerin
Die Oberhäupter der Kommunen forderten das Land auf, dass die PFC-Verunreinigung in der Gewässer-Bewirtschaftungsplanung angemessen berücksichtigt werde. Auch müssten Wasserversorger eine verlässliche Finanzierungsgrundlage haben. Es könne nicht sein, dass private Verbraucher für Schäden geradestehen müssten, die sie nicht verursacht haben.
Die Umweltministerin beharrt in ihrem Schreiben allerdings auf der bereits bekannten Position des Landes. Bei der PFC-Belastung handle es sich um ein Thema des Bodenschutz- und Altlastenrechts und nicht der Gewässer-Bewirtschaftungsplanung.
Eine Berücksichtigung dort würde aus Walkers Sicht nichts bringen: „Auch eine vertiefte Behandlung des PFC-Schadenfalls im Bewirtschaftungsplan für den Oberrhein würde zu keinen anderen oder zusätzlichen Maßnahmen führen, die nicht direkt über das Bodenschutz- und Altlastenrecht umgesetzt werden könnten.“
Land würde erst bei einem Wasserpreis von 5,90 Euro aktiv
Beim Thema Finanzierung hat die Ministerin für die Kommunen beziehungsweise Versorgungsunternehmen ebenfalls keine positiven Nachrichten.
Bislang bleiben die Kosten, die zum Beispiel den Stadtwerken Rastatt durch PFC entstehen, über die Gebühren am Verbraucher hängen. Das wird vorerst auch so bleiben, stellt die Ministerin klar. Das Land leiste Förderungen nur dort, wo „unzumutbar hohe Gebühren für die Bürgerinnen und Bürger vermieden werden sollen“.
Was „unzumutbar“ bedeutet, ist klar definiert. Die Förderschwelle liegt laut Walker derzeit bei einem Wasserpreis von 5,90 Euro pro Kubikmeter. Davon sind die Stadtwerke Rastatt mit aktuell 2,08 Euro weit entfernt.
Stadtwerke haben Klage gegen möglichen Verursacher eingereicht
Förderungen des Landes sind nach Angaben der Ministerin außerdem für „innovative Maßnahmen der Trinkwasseraufbereitung“ möglich.
Ansonsten verweist Walker auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen den vermutlichen Verursacher der Belastung. In diesem Zusammenhang haben die Stadtwerke Rastatt Klage gegen die Umweltpartner Vogel AG aus Bühl eingereicht und fordern von dem Unternehmen 6,5 Millionen Euro. Ein erster Verhandlungstermin Ende März vor dem Landgericht Baden-Baden wurde allerdings wegen der Corona-Pandemie verschoben.
Die Landesregierung sieht ihre Aufgabe darin, sich für „Umweltschutz an der Quelle“ einzusetzen. Gemeint ist damit eine Beschränkung des Einsatzes von PFC-Verbindungen. „Derzeit werden PFC leider noch in vielen Produkten verwendet“, schreibt Walker.
Sie stellt auch ein direktes Gespräch in Aussicht – allerdings nicht mit ihr oder dem Ministerpräsidenten. Stattdessen werde Staatssekretär Andre Baumann im Oktober Mittelbaden besuchen, um sich über den PFC-Schadensfall zu informieren. Die Ministerin abschließend an die Bürgermeister: „Ich erhoffe mir davon einen konstruktiven Dialog mit Ihnen und allen Betroffenen.“